Zeitlose Intensität

Auftakt der Johann-Nepomuk-David-Tage im Karlsruher Tempel

Claus-Dieter Hanauer
„Man kann nicht finden, wenn man nicht sucht!" Dies scheint wie ein Lebensmotto zu einem Mann zu gehören, der als Orgel- und Chorkomponist ebensolche Bedeutung erlangte wie als Kompositionslehrer - der 1895 im oberösterreichischen Eferding geborene Johann Nepomuk David. Von seinen Schülern, unter denen sich so bedeutende Instrumentalisten wie der Pianist Jörg Demus oder bestimmende Komponisten des 20. Jahrhunderts wie Helmut Lachenmann finden, wird David als ein so strenger wie behutsamer Lehrer beschrieben, dem es gelang, die Individualität seiner Schüler zu wecken und zu fördern, ohne je zu oktroyieren. In seinen musikalischen Idealen war David konzessionslos, auch dem Nazi-Regime gegenüber, gerade auch dann, wenn es um die Aufführung von Werken „unbeliebter" Komponisten ging. Seit 1948 lebte er in Stuttgart, wo er als Professor für Theorie und Komposition an der Musikhochschule lehrte und wo er 1977 auch verstarb.
Alljährlich finden an wechselnden Orten in Deutschland und Österreich die Johann-Nepomuk-David-Tage statt, seiner Person und seinem Werk gewidmete Rückschauen. In diesem Jahr beheimatete Karlsruhe dieses Festival und die von Hartmut Becker moderierte Eröffnungsveranstaltung im Scenariosaal des Kulturzentrums Tempel zeichnete ein authentisches Bild des Komponisten und Pädagogen: Sein 1934 geborener jüngster Sohn Lukas David, Schüler von Nathan Milstein und Tibor Varga und einer der großen Geiger und Violinpädagogen unserer Zeit, spielte am Flügel begleitet von Annemi Egri, Werke seines Vaters und seines älteren Bruders, des vor zwei Jahren verstorbenen Komponisten Thomas Christian David. Auch ein Schüler Johann Nepomuk Davids kam dabei „zu Klang", der 1937 geborene und im Saal anwesende Wolfgang Witzenmann, von dessen frühen Violinwerken eine „Introduktion und Allegro" und „Vier Canzonen" erklangen. Der polyphon-expressive, formbewusste Stil Johann Nepomuk Davids wurde in seiner 1959 für Violine und Klavier geschriebenen „Introduktion und Capriccio" und seiner hochanspruchsvollen Solo-Violinpartita aus dem Jahre 1950 eindrucksvoll hörbar.
Lukas David bot zum Schluss des Abends ein Werk aus eigener Feder, seine „Paganini-Variationen", zu denen Cestimir Gregor eine Klavierbegleitung verfasst hat. Wenn man dem nunmehr 74-Jährigen zuschaut und zuhört, wie überraschend locker er dieses Virtuosenstück, das so ziemlich jedem Geiger die Schweißtropfen auf die Stirne treiben dürfte, präsentiert, dann ist man geneigt festzustellen: Violinspiel erhält jung!
 

Des Chores Meisterstücke

Krönender Abschluss der Johann-Nepomuk-David-Tage

Claus-Dieter Hanauer
Das Chor- und Orgelkonzert in der Evangelischen Stadtkirche war ein großartiger Abschluss der Johann-Nepomuk-David-Tage in Karlsruhe. Der CoroPiccolo unter der Leitung von Christian-Markus Raiser sang geistliche Chormusik von David. Zu hören waren außerdem Werke für Orgel solo und für Violine und Orgel, gespielt vom jüngsten Sohn des Komponisten, dem 1934 geborenen Geiger Lukas David, und dem Organisten Rudolf Peter.
In der Chormusik Davids hört man wie von ferne auch Anton Bruckner, auf dessen Spuren der Komponist in seiner Jugend im Stift St. Florian wandelte. Auch die großen Vorbilder Josquin Desprez und Johann Sebastian Bach sind unverkennbar, die ihn weitaus mehr prägten als die Schönberg-Schule. Auf ihren Schultern fand David zu einer kompromisslos eigenen Tonsprache. Das gilt für seine 1939 komponierte Motette „Wer Ohren hat zu hören, der höre" op. 23, Nr. 1 ebenso wie für die „Deutsche Messe" op. 42 aus dem Jahre 1952 oder seine Evangelien-Motetten, die 1969 entstanden. Es sind in ihrer erweiterten Tonalität anspruchsvolle Werke, deren reiche polyphone Linien der Chor unter dem engagierten Dirigat von Christian-Markus Raiser mit großer Deutlichkeit und Homogenität nachzeichnete. Gerade die getragene Ruhe des „Kyrie" oder die lichte Bewegtheit des „Gloria" aus der „Deutschen Messe" gerieten zu Meisterstücken des Chorgesangs. 
Den Motetten Davids gegenübergestellt waren die 1869 niedergeschriebenen "Vier Motetten" Bruckners. Das bekannte „Locus iste", ein schlichtes, ergreifendes Stück, mag aufgrund seiner nicht allzu großen technischen Anforderungen vergleichsweise leicht zu bewältigen sein. Doch gerade hier zeigte der CoroPiccolo seine besonderen Qualitäten in der Klang- und Stimmführungskultur.
Sein großes musikalisches Können konnte der Organist Rudolf Peter an Orgelwerken von David (Toccata und Fuge f-moll) und Bach Fantasie und Fuge, g-moll BWV 542) zeigen. Gemeinsam mit dem Geiger Lukas David interpretierte er außerdem die kantige Sonate für Violine und Orgel op. 75, die zwei Jahre vor dem Tod Johann Nepomuk Davids entstand.
Der CoroPiccolo krönte den Abend mit einem Kabinettstück, dem so präzise wie leichtfüßig dargebotenen ,,Alles was Odem hat" aus Bachs Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied" BWV 225.

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