Ipf- und Jagst-Zeitung,  26. 10. 2015

Keine leichte Kost

Drei Konzerte auf höchstem Niveau widmen sich dem Werk von Johann Nepomuk David

Ellwangen sz
Die alljährlich von der Internationalen Johann-Nepomuk-David-Gesellschaft ausgerichteten David-Tage sind nach Leipzig, Stuttgart, Ulm und Linz in diesem Jahr in Ellwangen gewesen. Zu verdanken ist dies Musikschulleiter Ulrich Widdermann. Mit drei hochkarätigen Konzerten hat das Festival mit Werken des österreichischen Komponisten, Organisten und Chorleiters Johann Nepomuk David der kulturellen Vielfalt der Stadt funkelnde musikalische Glanzlichter aufgesetzt.

Eröffnet wurden die David-Tage mit einem Kammermusikabend im Speratushaus. Zu hören waren Lukas David, Violine, Eckhard Fischer, Violine, Sibylle Langmaack, Viola, Norbert Ginthör, Violoncello, und Anja David, Klavier. Lukas David ist der jüngere Sohn des 1977 verstorbenen Johann Nepomuk David und seit 1956 ein weltweit gefeierter Solist. Trotz seiner 81 Jahre hat David Feuer und Virtuosität nicht verloren. Mit Eckhard Fischer brillierte er bei der Sonate für zwei Geigen, einem 1945 entstandenen Werk seines Vaters und glänzte als Solist bei der zweiten Sonate für Violine von 1963.

Die Kammermusik von Johann Nepomuk David (1895 bis 1977) stellt spieltechnisch hohe Ansprüche und ist durch unerbittliches Tempo, häufige Taktwechsel und nicht zuletzt eine freie Adaption von Arnold Schönbergs Zwölftontechnik gekennzeichnet. Kompositionen mit zwölf ausschließlich aufeinander bezogenen Tönen lösen nicht bei allen Zuhörern reine Freude aus. Und doch faszinierten Davids Sonaten im Reichtum differenzierter Klänge, subtil ausgefeilter Satzmotive und struktureller Dichte.

Das Streichtrio über das Volkslied „Als unser Mops ein Möpschen war“ des David-Schülers Wolfgang Witzenmann von 2013 ist ebenfalls von der Zwölftontechnik inspiriert. Neben Lukas David musizierten Sibylle Langmaack und Norbert Ginthör. Höhepunkt des kammermusikalischen Abends war das 1985 entstandene Klaviertrio von Thomas Christian David, dem älteren, 2006 verstorbenen Sohn von Johann Nepomuk David. Lukas Davids Geige im korrespondierenden Dialog mit Anja Davids Klavierpart und der dunklen Stimme von Norbert Ginthörs Cello ließen raffinierte Klangwellen aufbranden, die sich in eigenwilliger Harmonik zu rhythmischer Prägnanz bäumten und in tänzerischen Sequenzen beinahe sanft verebbten. Keine leichte Kost, aber ein prägnant musizierter Konzertabend, für den mit langem Beifall gedankt wurde

 

Ipf- und Jagst-Zeitung,  26.10.2015

Virtuose Musiker bei den Ellwanger David-Tagen

Orgelkonzert mit dem Motettenchor Schwäbisch Gmünd – Kammermusik-Matinee mit dem Eos-Trio
Ellwangen R.
Einen musikalischen Hochgenuss haben die Zuhörer mit dem Chor- und Orgelkonzert bei den David-Tagen in der evangelischen Stadtkirche erlebt. Mit Matthias Wamser aus Basel war ein Meister an der Orgel. Der Motettenchor Schwäbisch Gmünd unter der Leitung seiner Gründerin Sonntraud Alice Engels-Benz fesselte mit ebenso lebhaftem wie innigem Vortrag. Am Cembalo begleitete Reinhard Krämer.

Mit Hans Stadlmaiers machtvoller Choralfantasie „In dich hab‘ ich gehoffet, Herr“ aus dem neunteiligen Zyklus „De profundis“ erklang ein von Matthias Wamser souverän und geradezu suggestiv interpretiertes Werk. Der Zyklus ist dem Andenken von Helmut Eder und Erich Posch, zwei Musikern, die im engen Kontakt mit Johann Nepomuk David standen, und seinem Sohn Thomas Christian David gewidmet. Auch mit Davids Partita „Lobt Gott, ihr frommen Christen“ sowie Passamezzo und Fuge g-Moll von 1928 stellte Wamser seine Meisterschaft an der Orgel unter Beweis. Der Passamezzo ist ein der Pavane verwandter Schreittanz, der im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts beliebt war. Mag das Opus an manchen Stellen klanglich an spätromantische Vorbilder erinnern, so entwickelte der Komponist das Fugenthema ebenso zurückhaltend wie feierlich.

Der 1985 von der Kirchenmusikerin Sonntraud Alice Engels-Benz gegründete Motettenchor Schwäbisch Gmünd beeindruckte das Publikum unter ihrer Leitung mit dem „Scherflein der Witwe“ aus Davids Evangelienmotetten von 1958 und der Motette für a cappella-Chor „Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand.“

Das Mess-Pasticcio vereinte als mehrteiliges musikalisches Werk vorhandener Einzelsätze verschiedener Herkunft Kompositionen von C. (wahrscheinlich Claudio) Crassini, Jakob Gallus, Davids Choralvorspiel „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ und das Credo aus der Deutschen Messe für gemischten Chor von 1952. Mit dem vom Chor berührend gesungenen Agnus Dei aus Davids Missa choralis ging das großartige Konzert, das mehr Zuhörer verdient hätte, zu Ende.

Den Abschluss der Ellwanger David-Tage bildete eine Kammermusik-Matinee mit dem Eos-Trio im Saal der Musikschule. Mit Ulrich Widdermann, Violine, Sibylle Langmaack, Viola, und ihrer Tochter Niobe, Violine, vereinte es drei Schüler von Professor Lukas David. Mit ihrer Mutter begeisterte die erst 12-jährige Niobe Langmaack bei J.N. Davids Duo-Sonate Nr. 1. Das nach der Göttin der Morgenröte benannte Eos-Trio mit Ulrich Widdermann, Sibylle Langmaack und Norbert Ginthör ließ mit Davids atemberaubend temporeichem Streichtrio Nr. 3 und dem romantisch anmutenden Streichtrio g-Moll von Wilhelm Berger das Festival virtuos ausklingen. Ellwangen hat einen vielseitigen Komponisten kennengelernt, der in der Sprache seiner Musik seiner Zeit voraus war. Der Funke ist übergesprungen.

 

 

 

Orgelmusik voller Kontraste

Samstag, 19. Juli 2008

Der Wiener Organist Prof. Roman Summereder war Gast der Pirnaer Abendmusik. Er überzeugte mit einem spannungsvollen Programm.
In der Marienkirche stand die Orgel im Dienst eines Programms der Kontraste, das der Organist, Pädagoge und Musikwissenschaftler Roman Summereder einem interessierten Publikum vorstellte.
„Tod und Leben“ hatte er die Folge genannt, damit schon im Titel den Gegensatz markierend. Dieser war nicht nur auf die Gesamtheit bezogen, sondern in den paarweise gefügten Stücken oder auch innerhalb dieser verdeutlicht.
In strengem Aufbau und kühner Diktion setzte Johann Sebastian Bachs Fantasie und Fuge g-Moll BWV 542 einen Auftakt, der des Organisten kontrolliertes Spiel, seine Kunst des Registrierens hörbar machte.
Diese klare Struktur schien in Alexandre-Pierre François Boëlys gleichnamigem Stück ziemlich aufgehoben. Freundlichkeit lugte hervor.
Olivier Messiaen (1908-92, 100. Geburtstag am 16.12.) schrieb 1951 das siebenteilige „Livre d`orgue“, ein „Orgelbuch“, in dem sich der gläubige Katholik verschiedenen Stationen des Kirchenjahres zuwendet: Für Bußzeiten „Die Hände aus dem Abgrund“, die mit ihrem dissonanten Aufschrei eine gespenstische Vision suggerieren, von Summereder förmlich in den Raum gemeißelt. Der fast beängstigenden Lautmalerei waren die „Vogelgesänge“ gegenübergestellt, die der Vorliebe Messiaens für die „Musik der Vögel“ geschuldet sind und frühlingshaft österliche Impressionen vermitteln. Amsel, Rotkehlchen, Drossel und Nachtigall erklingen – eine kompositorische und interpretatorische Meisterleistung, die sich drüber hinwegzusetzen schien, dass beide Stücke einer Hand entstammen. 
Aus der Sicht dieser Stücke erschien „Fantaisie du VIIIème ton“ von Charles Raquet „ harmlos“, dem Zweck dienend, zu zeigen, „was sich auf der Orgel machen lässt“.
Das dreiteilige „Choralwerk IX“ (1945) von Johann Nepomuk David entstand unter dem Eindruck des Kriegsendes. Der Kontrast besteht darin, dass das Stück auf Überwindung zielt: „Beschütz mit deinem Schild und Schwert die Kirch, den Hirten und die Herd, St. Michael“. Die Hörer waren gefordert. Dass sie dazu bereit gewesen waren, zeigte der lange Beifall am Ende eines Konzertes von hoher künstlerischer Qualität.
 
Hans Peter Altmann / Sächsische Zeitung

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